DER MENSCHENFEIND

von Jean-Baptiste Molière. In einer Bearbeitung von Horst Jüssen
Die Wahrheit hat verschiedene Gesichter.

Sie ist einfach zu schön. Warum sonst sollte der wahrheitsliebende Alceste sein Herz ausgerechnet an die kokette Célimène verlieren? Doch der Misanthrop besteht nicht nur aus Herz. Sein Kopf rät ihm von einer Verbindung mit einer Frau ab, die sich das Leben mit charmanten Lügen und bequemen Unaufrichtigkeiten angenehmer macht. Célimène lügt aus Eigennutz. Des Menschenfeinds Freund Philinte tut dies aus Liebe zum Menschen. Diese sollten miteinander nachdenklich, rücksichtsvoll und nachsichtig umgehen. Wahrheit, erkennt der Philanthrop Philinte, wird oft nur als verletzende Waffe zweier sich streitender Parteien eingesetzt. Alceste besteht weiterhin auf unbedingter Aufrichtigkeit: Eine verlogene Gesellschaft wird sich nicht ändern, wenn man ihr mit zu viel Verständnis begegnet.

In Molières Komödie hat niemand vollkommen recht und niemand vollkommen unrecht. Können wir anderen Menschen unsere Meinung aufzwingen, wenn wir nicht sicher sein können, dass sie die richtige ist? Oder soll der Mensch zu seiner Überzeugung stehen, wenn er sicher ist, dass sie zum Guten führt? Können wir überhaupt etwas Letztgültiges sagen?

 

"Sebastian Mirow spielt den unduldsamen Alceste in prägnanter Sprache zwischen Sympathie und Lächerlichkeit, und als Célimène führt Nadine Kettler den Übergang von Koketterie zu tiefem Gefühl plausibel vor. Als Vertreter einer mäßigenden Vernunft setzt Oliver Jacobs in der ein wenig spröden Rolle des Philinte klärende Akzente, Simon Mazouri macht aus dem hitzigen Bewerber Oronte eine schrille Charge, und Catharina Kottmeier steuert als handfeste Eliante ein nachhaltiges Element praktischer Klarsicht bei. Starker Beifall." (BNN)

"Horst Jüssens Bearbeitung von "Der Menschenfeind" zu wählen war eine kluge Entscheidung. Dank der gelungenen Inszenierung, die dem Ensemble Raum zur Entfaltung lässt, verfolgt man mit Sympathie, wie die Hauptfiguren Federn lassen. Zum einen, weil sich keiner ändern will, und zum anderen, weil sie zu oft ausweichen, wenn sie offen über ihre Gefühle reden sollten. Im Nu sind die knapp zwei Stunden ohne Pause verflogen." (BT)